RAKI (Oktober 2002)
Resozialisierte Eier
oder
Plastikhilfsspenden für Amerika
Ich habe vor Kurzem im sonst recht drögen Kölner Stadt Anzeiger gelesen, dass wegen eines Gesetzes
von anno pief der Verkauf von Überraschungseiern mit bis zu fünf Jahren Haft geahndet werden kann.
Nein, nicht bei uns! Natürlich nur in dem Land, in dem die Möglichkeiten so unbegrenzt sind, dass sogar
die Möglichkeiten begrenzt werden:
Ein Paragraph untersagt dort nämlich, Süßkram gemeinsam mit Plastikkleinteilen zu vertreiben. Offenbar
eine übertriebene Sorge um die Plastikkleinteilinhalationsneigung von kindesaltrigen GI-Aspiraten.
Verbote üben auf uns Menschen ja notwendig eine gewisse Faszination aus, Verbote und Verstöße gehören so
eng zusammen wie Yin und Yang. So hat sich nun in Amerika ein regelrechter Ü-Ei-Schwarzmarkt entwickelt,
der den sich für so was verantwortlich fühlenden Behörden Sorge bereitet, weil sie dessen modernen Vertriebswegen,
dem Internetversandhandel, nicht Herr werden können. Da freute ich mich, dass ich Lesen gelernt habe, denn
so einen Unfug kann ich mir nur mit größter Mühe selbst ausdenken.
Noch lange reicht dieser Unfug allerdings nicht an jenen heran, den die Erfindung des Ü-Eis selbst darstellt.
Meines Wissens nach ist das Ü-Ei von Greenpeace einst zum relational resourcenschutzverachtenstem Produkt ever
gekürt worden, weil den 12% Nahrungsmittel darin 88% Plastik- und Verpackungsmüll gegenüberstehen, oder so ähnlich.
Das hat Greenpeace schön gemacht, finde ich. Und der Erfinder des Ü-Eis auch. Denn er hat ein Produkt kreiert, wie es
besser zu Amerika nicht passen könnte.
Allerdings empfinde ich Mitleid mit den auf diese Weise schuldlos in die Kriminalität geratenen Überraschungseiern.
Eben noch ein beliebter Kinderspaß, und, schwupps über die Grenze befördert, schon auf einer Stufe mit Exstasypillen
und Falschgeld. Das ist ein hartes Los, das sicher nicht jedes Ei ohne bleibende Charakterschäden verwinden kann.
Ich wittere eine Chance, meinen karitativen Trieb auszuleben: Ich reimportiere all jene, von rücksichtslosen
Kommerzdelikten gebeutelten Ü-Eier aus Amerika und bringe sie in zu Pflegeheimen umgebauten Süßwarendiscountern unter,
in denen sie in einem zweijährigen Resozialisationsprogramm behutsam zu Konfekt umgeschult werden. Unter Umständen
befinden sich ja sogar einige Naturtalente unter den kleinen Schokogaunern, die ihre Fähigkeiten bislang in ihrem
Plastiktinnefgefängnis gar nicht richtig entfalten konnten! Vielleicht bringen sie es ja noch bis zur Brüsseler
Schokopralinenmuschel! Tja, und für die ganz trostlosen Fälle, die schon tief im Kriminalitätsteufelskreissumpf
stecken, bleibt wenigstens noch der ‚Gnadenschuss': Sie werden Wurfmaterial im Mainzer Karneval.
Das hätte ich also gelöst.
Nun bleibt uns aber das Problem, dass die Amis ja weiterhin Ü-Ei-geil sind. Ich habe durchaus keine Gewissensbisse,
ihnen die 12% Schokolade fortzunehmen, denn auf Fotos aus Übersee habe ich gesehen, dass mindestens 12% der Amerikaner
ohnehin aus mindestens 12% Schokolade bestehen.
Fehlt nur noch eine Lösung für die Plastikfrage. Dabei zähle ich auf euch! Schickt Plastikmüll nach Amerika! Was
brauchen wir noch diesen Ü-Ei-Scheiß! Wenn Stoiber bald doch noch an die Macht kommt, werden hier dann ja sicher
selbst die Spielbeigaben der Ü-Eier von sudanesischen, minenverstümmelten Negerkindern aus doitscher Eiche
handgeschnitzt. (Natürlich unter humanen Bedingungen. Also in Bayern.) Und die Amis bekommen endlich ihr Entgelt
für ihren selbstlosen Einsatz in Afghanistan in Form von polyurethanen Care-Paketen.